Meine materialistische Theorie des Geistes

Da gibt es Menschen die aus der Existenz von Korrelaten zwischen Hirnfunktionen und seelischen Eigenschaften (Bewusstsein, religiöses Erleben, …) folgern, die starke Form des Materialismus habe gesiegt (»Der Preis der Selbsterkenntnis«, Gehirn & Geist, 7-8/2006).

Materialismus behauptet, es gebe nichts als Materie. Das ist: es gebe keinen Unterschied zwischen geordneter und ungeordneter Materie, denn beides ist »nur« Materie. Das ist: es gebe keine Ordnung als ontologische Größe, sondern Ordnung sei ein Zufallsprodukt geringer Wahrscheinlichkeit.

Nun aber. Es mag sein dass richtig ist: es gibt nichts wenn es keine Materie gibt. Materie ist das einzig mögliche Material (»Substrat«). Wenn es Geist gibt kann er also auch nur in Materie realisiert sein, d.i. eine eigenstabile Ordnungsform der Materie. Geist wäre in Materie realisiert, könnte aber nie von Materie hervorgebracht werden (weil es, empirisch beobachtbar, keine materiellen Prozesse gibt die Komplexität erzeugen). Das heißt: Geist hat keinen materiellen Ursprung, ist also ewig; also ist auch die Materie ewig, denn Geist braucht Materie als Substrat: ohne Materie gäbe es keinen Geist.

Es ist derzeit keinesfalls erkennbar ob Geist tatsächlich rein materiell realisiert ist oder aber aus eigenem, nichtmateriellem Material gebaut ist (sozusagen ein Geist-Paralleluniversum mit eigenen Naturgesetzen, orthogonal zum materiellen Universum existent). Aber: diese materialistische Theorie des Geistes zeigt dass keine Erkenntnis der deskriptiven Neuroanthropologie beweisen kann dass Geist als eigenständige, nichtmaterielle Größe nicht existiert. Um das zu beweisen muss gezeigt werden dass Geist aus Materie spontan entstehen kann: man muss die Evolution des Menschen im Labor wiederholen. Bis dahin ist nichts bewiesen.

Diese meine materialistische Theorie des Geistes gibt der Materie eine enorme Bedeutung: sie ist schon ewig Träger des Geistes, der Geist ist auf ihre Existenz angewiesen. Würde das bedeuten dass auch Gottes Geist materielles Substrat braucht?

Außerdem hat diese Theorie interessante Implikationen auf das Verständnis des Menschen und das Verständnis des biblischen Menschenbildes: »Seelisches« ist nicht minderwertig weil wir erkennen können auf welchen Neurotransmittern Emotionen beruhen; sondern Emotionalität ist etwas Nichtmaterielles, genauso hochwertig wie Philosophie. Typisch weibliche und männliche nichtmaterielle Leistungen haben also keinen unterschiedlichen Wert.

Siehe auch: naturgesetzliche Informationstheorie von Werner Gitt.


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Comments

2 responses to “Meine materialistische Theorie des Geistes”

  1. Anonymous

    “Geist wäre in Materie realisiert, könnte aber nie von Materie hervorgebracht werden (weil es, empirisch beobachtbar, keine materiellen Prozesse gibt die Komplexität erzeugen). ”

    Schon mal etwas von der Thermodynamik gehört? Unter der Bedingung, dass Entropie exportiert wird (was auf der Erde der Fall ist), erzeugen materielle Prozesse zwangsläufig Komplexität.

  2. Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik sagt etwas über Bedingungen, unter denen Entropie zunimmt. Das heißt nicht, dass unter den übrigen Bedingungen Entropie abnimmt! So eine Aussage kenne ich nicht aus der Thermodynamik …

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